„Wie können wir Minenarbeitern einen nachhaltigen Lebensunterhalt ermöglichen?“

Anna Frohn Pedersen, Foto: Falk Weiß

Meine ursprüngliche Idee war, nachhaltigen Bergbau in Tansania zu untersuchen, denn es gab internationale Initiativen mit dem Ziel, nachhaltig produziertes Gold zu zertifizieren. Als ich im Herbst 2018 zum ersten Mal nach Tansania kam, fand ich aber nichts dergleichen. Mein Untersuchungsgegenstand ist der Kleinbergbau und hier schürfen die Arbeiterinnen und Arbeiter Gold so, wie sie es schon immer getan haben – unter Einsatz großer Mengen von Quecksilber. Denn das ist die billigste Art der Goldverarbeitung. Die Goldschürfer wissen, dass das ihrer Gesundheit schadet, aber sie müssen ihre Familien ernähren. Ich habe mich also auf eine neue Frage konzentriert: Wie können wir den Minenarbeitern einen nachhaltigen Lebensunterhalt ermöglichen?

Bergbau in Tansania, Foto: Anna Frohn Pedersen

Bergbau in Tansania, Foto: Anna Frohn Pedersen

In Tansania arbeiten schätzungsweise 500.000 bis 1,5 Millionen Menschen in diesen kleinen Minen. Sie sind nur auf informelle Art und Weise und nicht offiziell organisiert, und sie arbeiten ohne die geologischen Daten, die große Bergbauunternehmen nutzen. Die Minenarbeiter wissen also nie genau, wo das Gold lagert.
Ein weiteres Problem ist, dass Gold nicht mehr direkt unter der Erdoberfläche zu finden ist, wie es bis in die 1990er Jahre der Fall war. Die Arbeiter müssen immer tiefer und tiefer schürfen. Bisher hat der Schwund von nicht erneuerbaren Ressourcen wie Gold keine große Aufmerksamkeit bei internationalen Organisationen gefunden – aber er bedroht die Lebensgrundlage von Millionen Menschen.

Während meiner Besuche in den Jahren 2018 und 2019 startete die Regierung Tansanias mehrere Initiativen, um diesen Wirtschaftssektor formell zu organisieren und dadurch zu stärken. Zum Beispiel wurden Mineralienmärkte eingerichtet, wo Weltmarktpreise öffentlich gemacht werden und die Makler und Händler das Gold auch mindestens zu diesem Preis abnehmen müssen. Den Minenarbeitern verhilft diese Transparenz zu einer besseren Verhandlungsposition. In der Regel sind sie von diesen Händlern und Maklern abhängig, die im Goldgeschäft genug Geld verdienen, um in die Minen zu investieren.
In meiner Forschung betrachte ich die verschiedenen Akteure in diesem politischen Prozess und wende dabei unterschiedliche Methoden an. Als Anthropologin habe ich 96 Interviews mit Arbeitern, Minenbesitzern, Maklern, mit Beratern, Vertretern von NGOs und mit Politikern geführt. Zusätzlich zu den in Tansania geführten Interviews habe ich auch viel Zeit auf dem Gelände der Minen oder bei Konferenzen und Besprechungen verbracht, um die Menschen und ihre Interaktionen zu beobachten. Die Bemühungen der Regierung, den Kleinbergbau auch offiziell zu organisieren, halte ich für einen wichtigen Schritt. Allerdings zielen die Maßnahmen bisher hauptsächlich auf die Schürfer ab, die bereits über die Mittel verfügen, um ihr Geschäft professioneller zu führen, während die Kleinsten und stärker Marginalisierten Gefahr laufen, außen vor zu bleiben.
Sie könnten dabei unterstützt werden, schonendere Methoden der Goldverarbeitung zu nutzen, oder ihnen könnte Zugang zu geologischem Wissen gewährt werden, was sie in die Lage versetzen würde, unabhängiger zu handeln.
Langfristig betrachtet, wird der Kleinbergbau in Tansania wohl verschwinden und das Schürfen den großen multinationalen Konzernen überlassen werden. Wir brauchen also international mehr Aufmerksamkeit für die Arbeiterinnen und Arbeiter in den Klein- und Kleinstminen. Neben der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen müssen wir Ausstiegsperspektiven schaffen, damit sie ihr Auskommen in anderen Wirtschaftsbereichen finden.

Bergbau in Tansania, Foto: Anna Frohn Pedersen

Share

Folgender Link wurde Ihrer Zwischenablage hinzugefügt. Sie können diesen jetzt nutzen, um ihn in Ihren Netzwerken zu teilen.

Datenschutzeinstellungen

Wir verwenden Cookies, um die Benutzerfreundlichkeit unserer Website zu verbessern und sicherzustellen.